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06.01.2021 Wochenimpuls

Die drei Königinnen

 

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Collage mit Königinnen

(Foto: privat)

 

Die drei Königinnen

Heute möchte ich mit Ihnen eine bezaubernde Geschichte teilen, eine Geschichte, wie aus Tausend und einer Nacht und doch auch gerade nicht, sondern, wie ich finde, ganz aktuell. Und sie könnte überall auf unserer Erde spielen. Passend zum Dreikönigstag ist es die Geschichte der drei Königinnen. Ich habe sie als kleines Bilderbuch eigentlich für mein einjähriges Patenkind entdeckt, im Kinderwagenformat, ein kleines handliches Kinderbuch für unterwegs. Und dann habe ich mich doch festgelesen in diese wunderschöne, herzerfrischende und sympathische Erzählung. Es ist die Geschichte der Heiligen drei Könige auf dem Weg zur Krippe nach Bethlehem. Wir kennen sie gut. Eigentlich fast jedes Kind. Doch wo Könige sind, sind doch meistens auch Königinnen und der Autorin der Geschichte stellt sich die Frage, was machen eigentlich die Königinnen während ihre Männer dem hellen Stern folgen. Eine spannende Frage und auch bei mir puzzeln sich meine Gedanken und Assoziationen sofort zu einem Bild zusammen. Ich schaue wie in einem Fernrohr auf die drei Königinnen, die ihren so ganz eigenen Stil haben der Geburt des Kindes ihre Huld zu erweisen und es mit ihren persönlichen Geschenken willkommen zu heißen. Doch lassen wir uns kurz auf eine kleine Zeitreise in das Jahr der Geburt Christi entführen:

Es waren einmal drei Königinnen. Die eine spann, die andere bereitete den Teig für das Brot und die dritte wob ein Tuch.

„Ach“, sagte die Königin mit dem roten Hut, „mir träumte heute Nacht, dass mein Mann, der König, sein bestes Kamel sattelte und auf Reisen ging.“

 „Ach“, sagte die kleine Schmale mit dem blauen Sternenkleid, „mir sagte mein Mann im Traum, er habe in einem alten Buch von einem König gelesen, der bald geboren würde und Frieden und Rettung und Heil brächte für die ganze Welt.“

„Und mir“, erwiderte die Königin mit dem goldenen Gewand, die große, die Kräftige, „mir träumte, dass mein Mann sich aufmachen würde mit euren Männern, mit Caspar und Melchior, um einem Stern zu folgen, der ihnen den Weg zeigt zu dem neugeborenen König.“

Am nächsten Tag machten sich die Könige tatsächlich auf den Weg, wie es die Königinnen geträumt hatten. Der eine trug Gold mit sich, der andere Weihrauch und der dritte Myrrhe.

„Es muss ein ganz besonderes Kind sein, das unsere Männer suchen“, sagten die Königinnen. „Wir wollen nicht untätig sein.“

So machten Sie sich an die Arbeit, während die Könige dem Stern folgten. Als die Könige das Kind in einem Stall fanden, wuchs von dort ein großer Regenbogen zum Palast der Königinnen. Da wussten sie, dass das Kind geboren war. Und die Königinnen sagten: „Wir werden ein Fest bereiten.“

Und sie schmückten ihren Palast und kochten und backten und zündeten die Lichter an. Dann hielten sie ihre Geschenke bereit für das Kind.

„Das Kind wird unsere Schmerzen tragen, dafür ist das Tuch. Es wird unseren Hunger stillen, dafür ist das Brot. Es wird uns den Weg zeigen, dafür ist der rote Faden“, sagten sie. Und die Königinnen deckten den Tisch, breiteten das Tuch aus und darauf das Brot und den Faden und entzündeten die Lichter.

Tiere und Menschen kamen herbei. Die Vögel sangen und sie feierten zusammen die ganze Nacht. Sie tanzten und aßen und lachten. „Es ist eine besondere Nacht“, sagten die Menschen und die Tiere.

Und die Königinnen saßen da voller Erwartung.

Und die Königinnen freuten sich.

„Wir werden warten und Geduld haben“, sagten sie.

„Das Kind wird wachsen und wir werden älter werden. Es ist auch unser Kind, dass in dieser Nacht geboren wurde.

Wir werden bereit sein, bis es zu uns kommt, und ein Licht anzünden, wenn es dunkel ist.“

Soweit die anrührende Geschichte von Antonie Schneider.

In einer sanft schönen Schlichtheit wird mit knappen und melodischen Worten sowie Zeit und Raum durchschwebenden Bildern, die Botschaft, das Herz unseres Glaubens beschrieben.  Diese Geschichte bewirkt Stille, sie wirkt nach oder wirkt sie einfach nur? So geht es mir. Ich kann sie noch nicht ganz loslassen. Die drei weisen Königinnen - mag es durch den Regenbogen geschehen sein, es hat sie mitten in ihr Herz getroffen. Es muss ihnen nicht gesagt oder erklärt werden, sondern sie verstehen es mit dem Herzen. Sie spüren die Botschaft von der Menschwerdung Gottes, der als Kind das Licht der Welt erblickt, den Bund Gottes, den Regenbogen in sich - seit alters her ein Symbol für die Gottverbundenheit selbst. Das Kind, so erkennen sie, wird ihre Schmerzen tragen, dafür schenken sie ein Tuch, es wird ihren Hunger stillen, dafür verschenken sie ein Brot und das Kind wird ihnen den Weg des Lebens zeigen, dafür schenken sie ihm einen roten Faden. Wie weise und vorausschauend. Sie ahnen, dass die Liebe Gottes eben gerade nicht einseitig ist. Sie wirkt Beziehung, ihr Glaube ist ein Beziehungsgeschehen, um mit dem jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber zu sprechen: „Der Mensch wird am Du zu Ich“ – ein Prozess immerwährender Schöpfung. Die Königinnen geben durch ihre Gaben ihre Herzhälfte, die Seine hat Gott ihnen längst geschenkt. Das ist das Geheimnis der Königinnen: Gott hat ihnen und allen Menschen sein Ebenbild eingraviert, seine königliche Würde auf Ewigkeit ins Herz gelegt. Ihre königliche Botschaft: Wir verschenken uns einander und miteinander, unsere königliche Würde untrennbar verwebt mit unserem Nächsten und damit auch mit dem, der den Kettfaden bewegt hat. Worauf es ankommt?  Die Königswürde eines jeden zu achten, wo auch immer sie sich befindet auch im Alltag der Menschen, der für viele Menschen keiner ist, wenn wir an ausgebrannte Flüchtlingslager oder an die Seenotrettung im Mittelmeer denken, und den Lebensauftrag königliche Menschen zu werden, die füreinander da sind und einander brauchen.

Heute ist Dreikönigstag und ich fühle mich den drei Königinnen so sehr verbunden. Ich darf die Königinnenskulptur betrachten, die mir Ralf Knoblauch aus Bonn-Lessenich für heute ausgeliehen hat. Ich kann mich kaum satt sehen. Ralf ist meditativer Holzbildhauer und Diakon (St-Thomas Morus, Bonn). Mit seinen kleinen großartigen Königsskulpturen aus Holz macht er uns stets und beharrlich aufmerksam, auf unsere von Gott geschenkte Königswürde und damit auf die jedes Menschen. Seine Figuren haben ihren eigenen Charme, so schreibt es die Seelsorgerin Birgit Steinhauser „mit einer Demut, die von innen aus fröhlich wirkt mit einer leisen Würde“. Das ist berührend schön! Im wahrsten Sinne des Wortes, wenn ich über das Holz streiche, die Risse und die Naturholzfasern spüren darf, dann ist es so, als ob ich etwas spürbar begegnen darf, was mir selbst gehört, es wird zum Ort der Gottesbegegnung. Eine fast sinnliche Erfahrung.

Und ich denke, ich möchte dem Jesuskind auch ein Tuch, ein Brot oder einen roten Faden schenken. Ich möchte ihm etwas zurückgeben. Wie kann das gehen?

Ich ahne die Antwort: Wenn wir nicht gleichgültig aneinander vorbeigehen, sondern dem Nächsten ein Tuch, ein Brot und den roten Faden schenken. Wenn mir nicht egal ist, ob anderen Menschen das Lebensnotwendige fehlt. Denn Jesus hat es uns ja gesagt: Was ihr einem der geringsten meiner Brüder getan habt (Mt 25,40), das habt ihr mir getan. Und bevor wir einen davon vergessen und damit Jesus selbst vergessen, geben wir lieber großzügig. Am Dreikönigstag und an allen anderen Tagen auch.

Seien Sie behütet in allem, was ist.

Ihre und Eure Ute Trimpert, Gemeindereferentin

Für das Pastoral-und Seelsorgeteam des Sendungsraumes Alfter- Bornheim

Collage mit  Königinnen

Buchtipp:

Antonie Schneider, Die drei Königinnen (Eschbach 2016)

 Lieber Ralf, Dir meinen allerherzlichsten Dank für diese schönen Stunden mit der Königin und der Begegnung mit mir selbst.