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26.03.2020 Tagesimpuls

Glocken

Liebe Mitchristen

Ja, ich gebe es zu. Ich liebe Glocken. Warum? Das könnten Sie mich jetzt fragen. Eine gute Frage, lässt sie mich doch nachdenken und nach innen hören. Einmal habe ich gleich meine Großmutter aus Wiesbaden vor Augen, wie sie, wie ein Profi, eindrucksvoll und strahlend, die Glocke von Schiller zitiert-unzählige Verse auswendig. Das hat uns Kinder schon damals sehr beeindruckt. Aber da ist mehr. Und ich spüre weiter nach und werde fündig. Als junge Familie waren wir über zehn Jahre im schönen Burgenlandkreis an der Weißen Elster in Sachsen- Anhalt zu Hause. Ja, wir gehörten der katholischen Gemeinde an-ein enger und toller Zusammenhalt. Die Kirchenglocken des Doms jedoch waren seit dem Krieg verschollen und die Glocken der evangelischen Michaeliskirche in Zeitz konnte man bei uns zu Hause nicht hören. So blieb der Sonntag über Jahre still bis wir die seit Jahrzehnten vermissten Glocken der Domgemeinde, durch einen kleinen Zufall, in einer Kirche in Halle an der Saale wiederfanden und in den Dom St. Peter und Paul nach Zeitz zurückbrachten. Was für ein Augenblick als die Glockenweihe stattfand und die Glocken hochgezogen wurden und nach Jahrzehnten des Schweigens wieder erklangen. Gänsehautfeeling! Das vergisst man nicht. Als wir dann zurück in Speyer am Rhein waren und täglich die so unterschiedlichen Geläute in der Stadt hörten, wurde mir noch einmal ganz deutlich bewusst, was es heißt, lange auf Glocken verzichten zu müssen. Haben wir nicht auch oft das Gespür für ihre eigentliche Bedeutung verloren, das Schwingen, Klingen, das Spüren der Kraft, die von einer Glocke ausgeht, ihrer Botschaft? In diesen Tagen beginnen unsere Glocken im Erzbistum täglich, um 19:30 Uhr mit Ihrem Geläut. Für mich ist das fast der einzige Moment, in dem ich mich bewusst sammeln, Kraft schöpfen und Ruhe verspüre, trotz aller Ängste, Sorgen und Fragen an die Zukunft. Das Glockengeläut ist (mein) Gebet. Sie fordern mich auf, mich einzulassen mitzuschwingen und zu klingen, offen sein für die frohe Botschaft unseres Herrn und dessen Wirkkraft, wenn er sagt: Seid gewiss:

„Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20)

Ich habe dieser Tage das Geläut unserer Glocken per Messenger (Internet) nach Australien und Großbritannien verschickt. Ein kurzer Gedanke an alle, die wir in unserem Herzen tragen und mit denen wir uns verbunden fühlen, ob hier in Bornheim, Havant in Großbritannien oder Armidale in Australien. So wird das Glockengeläut zu einem Segen, zu einem schwingenden, klingendem und guten Wort. Wir sind eben nicht allein, er, unser Herr schwingt immer mit. Darauf darf ich vertrauen.  Das kann mich trösten und Halt geben. Unsere Glocken sind seit alters her eine liebevoll, vertraute, traditionsreiche Vorgehensweise der Glaubensverkündigung. Und das ist Grundvollzug der Kirche. Wir sind Kirche.  Lassen wir uns mit einschwingen und ihre Wirkkraft auch in diesen herausfordernden Tagen der weltweiten Corona-Pandemie weitergeben und entfalten. Und so heißt es im Weihegebet der Glockenweihe:

"Segne alle, zu denen der Ruf dieser Glocken dringen wird, und führe so deine Kirche von überallher zusammen in dein Reich. Das gewähre uns durch Christus, unseren Herrn.“  Amen

Irischer Segenswunsch

So überreich, wie das Gras, das wächst, wie der Sand am Meeresstrand,
wie der Tau auf den Blättern,
so sei der Segen des Königs der Gnade auf jeder Seele, die ist, die war oder die kommen wird.

Seien Sie behütet, in allem was ist.

Ihre Ute Trimpert, Gemeindereferentin

Für die Pastoralteams der Seelsorgebereiche Bornheim-Vorgebirge und Alfter