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16.05.2020 Tagesimpuls

Atempause

 Puppen auf einer Parkbank

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Liebe Mitchristen,

auf der großen Grünfläche hinter unserem Pfarrhaus in Kardorf wachsen zwei wunderschöne Bäume, davor eine einfache Holzbank. Ich denke oft, was für ein schöner Ort, für ein wenig Ruhe, für ein kurzes Innehalten. Im Wechsel der Jahreszeiten, fast ein leises anmutendes Stillleben. Manchmal treffen sich Jugendliche dort, Kinder, die auf der Wiese spielen, aber auch Erwachsene und Pärchen jeden Alters. Und ich denke, was würde die Parkbank uns erzählen, wenn sie könnte. Sie ist ein Haltepunkt, eine Atempause in unserem Alltag, dann, wenn wir Unterbrechung brauchen, einen Moment genießen wollen, ob mit geschlossenen Augen den Wind erspüren, die Stille hören oder einfach nur da zu sein. Auf einer Parkbank können wir erzählen, nachdenken, lesen, essen, ausruhen, träumen, weinen, trauern u.v.m. Nicht selten findet man Spuren der Menschen, die dort Halt gemacht haben, vielleicht ein kleines Herz oder die Initialen/Datum eines Liebespaares, in das Holz geschnitzt. Sich mit jemanden hinzusetzen heißt, ich nehme mir Zeit für den anderen, ich höre im zu. Im Gegenzug habe vielleicht auch ich etwas auf dem Herzen, das ich dem anderen anvertrauen möchte. Ich freue mich dann über diese kleine Atempause auf einer alten Holzbank, über die Zeit, die man mir schenkt. Solche kleinen Haltestellen finden wir auch in unserem Ort, in unserer Umgebung. Sie sind sozusagen kleine Heiligtümer, die es überall zu entdecken gilt. Es muss nicht unbedingt eine Parkbank sein. Das kann ein Wegkreuz, ein Marienkapellchen, aber auch ein alter Baum oder ein schöner Ausblick sein. Sie alle erzählen ihre eigenen Geschichten. Sie sind uns vertraut. Zu ihnen zu kommen, ist ein Stück Heimat. An solchen Begegnungsorten verbindet sich in ganz dichter Weise die Vergangenheit mit der Gegenwart und Zukunft unseres Lebens. Die Zeit zwischen Ostern und Pfingsten ist österliche Zeit. Ich möchte Sie ermutigen diese kleinen Heiligtümer des Alltags mit Osteraugen zu entdecken. Vor wenigen Tagen durfte ich im Rahmen meines seelsorglichen Dienstes mit drei wunderbaren Damen einen Spaziergang machen. Ich nenne es einen Emmausspaziergang -. Wir treffen uns an der evangelischen Kirche in Walberberg und starten von dort. Gemeinsam- selbstverständlich mit Abstand unterwegs, entdecken wir unsere kleinen Heiligtümer. Mit allen Sinnen laufen wir durch den Wald mit den wunderschönenLärchen, ein Lieblingsbaum von mir, vorbei an blühenden Wiesen und weitläufigen Pferdekoppeln.  Wir  gehen  ein  Stück  auf  dem  Jakobsweg  und  erleben  einem wunderbaren  Ausblick  in  die  Rheinebene.  Sogar  den  Kölner  Dom  können  wir erkennen. Und es ist, um eine der Damen zu zitieren-, wie in einer anderen, schönen neuen Welt.  Im Unterwegs sein, sind wir einander begegnet mit all den Gedanken und Fragen, die uns Menschen derzeit bewegen. Das Walburgiskapellchen begrüßt uns schon von weitem. Es ist ein kleiner Bildstock, sehr idyllisch gelegen, umgeben von Pferdekoppeln, Obstbäumen und Brombeerhecken. Anlässlich der Genesung des   1946   schwer   erkrankten   Walberbergers   Bernhard   Merzbach,   wurde   das Kapellchen 1951 von ihm als Dank errichtet und der Heiligen Walburga gewidmet. Bis heute liebevoll gepflegt, ist sie eine Atempause für viele Menschen geworden. Und  während  wir  im  Halbkreis vor  dem Bildstock  stehen,  kommen  wir  über  die Entstehungsgeschichte  miteinander  ins  Gespräch,  Lebenserinnerungen  werden ausgetauscht,   von   besonderen   Menschen   erzählt,   die   einen   auch   auf   dem Glaubensweg geprägt haben, Erinnerungen an die Kindheit und Jugend. Und über all jene   Lebenserinnerungen   hinweg spüre ich ein Leuchten auf den Gesichtern, ein liebevoller Blick zu unseren Heiligen Walburga, Pfarr und Schutzpatronin von Walberberg, die uns ebenso   mit einen liebevollen Lächeln, ihren gütigen Augen, wie  es  in  der  Überlieferung  heißt,  anschaut    und  mit  uns  im  Gespräch  zu  sein scheint.   Ein   echtes   Frauengespräch  mit   ihr!   Das  sind   Emmaus-Momente   der Begegnung, der Auferstehung. Und wir brauchen gar nicht weit zu gehen. Denn, auch am Walburgiskapellchen steht eine Parkbank.

Guter Gott, Eine Parkbank, eine Atempause auf meinem Weg tut mir gut, sie erinnert mich daran, die Zeit ein wenig anzuhalten. Mit dir schöpfe ich Kraft, um weitergehen zu können, sie lässt mich deine Liebe spüren, einfach da zu sein mit Mund, Herz, Augen und Ohren, sie erinnert mich daran, wie sehr ich deine Gegenwart brauche und ich sorge mich, ob es denn auch genug Holzbänke in meinem Leben mit dir gibt. Könnte diese Parkbank sprechen, was für unterschiedliche Lebensgeschichten würde sie erzählen. Leben hat so viele Gesichter. Leben heißt in Bewegung sein, Leben heißt, einander zuhören, Leben braucht Ziele, Leben heißt Versöhnung. Für das Leben-so überliefert es uns der

Heilige Bernhard von Clairvaux im 11. Jahrhundert brauchst – „Du Mensch. keine Meere zu überqueren, keine Wolken zu durchdringen oder die Alpen zu überqueren. Du brauchst keinen weiten Weg zu machen, sage ich. Geh deinem Gott entgegen bis zu dir selbst. Denn das Wort ist dir nahe, es ist in deinem Mund und in deinem Herzen. Denn er erleuchtet die Herzen der einzelnen mit seiner Gegenwart.“

Geh deinem Gott entgegen bis zu dir selbst.

Und ich sitze auf einer Parkbank und warte-auf Dich!

 

 

Seien Sie behütet in allem, was ist.

Ihre und Eure Ute Trimpert, Gemeindereferentin

Für die Pastoralteams der Seelsorgebereiche Alfter, Bornheim-Vorgebirge und Bornheim An Rhein-und Vorgebirge

 

 

Walburgiskapellchen

Walburgiskapellchen