Monatsimpuls März 2023
HIER. Bei DIR-Monatsimpuls der Hoffnung des SR Alfter/Bornheim
Leuchtturmperspektiven
Vielleicht haben Sie es auch gelesen, in der Zeitung, den sozialen Medien oder gar in den Tagesthemen gesehen. Die kleine ostfriesische Insel Wangerooge - etwa 1200 Insulaner leben dort - braucht einen „Leuchtturmwärter*in“. Die Stellenausschreibung der Gemeinde und Kurverwaltung Wangerooge, die Anfang Februar erschienen ist, hat einen nicht vorhersehbaren Ansturm an Bewerbungen ausgelöst. Stapelweise Post, weit über 1000 Zuschriften sollen es gewesen sein und das ist hier auf Wangerooge seitdem Tagesgespräch. Der alte rote und denkmalgeschützte Leuchtturm ist sozusagen der erste und mit 168 Jahren der älteste Wangerooger, der jeden Urlauber unmittelbar willkommen heißt, wenn die einzige und ebenfalls älteste bei der Deutschen Bahn verbliebene Schmalspurbahn (in Betrieb seit 1897), die Wangerooger Inselbahn, den Inselort mit der Festlandfähre verbindet. Steht er doch mit stattlichen 39 m Höhe vis-à-vis dem Bahnhof und ist als ein echtes Wahrzeichen der Insel nicht wegzudenken. Vier Jahre war der Leuchtturm, der ein kleines Heimatmuseum und Trauzimmer beherbergt, nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.
Doch das soll sich mit der Besetzung der Stelle nun ändern. Geworben wird mit einem romantischen Arbeitsplatz, das Abenteuer sein eigener Kapitän zu sein, Doch körperliche Fitness ist Voraussetzung, wenn es gilt, täglich die 161 Stufen in den Turm zu bewältigen. Gesucht wird ein „Leuchtturmwärter“ für alle anstehenden Aufgaben. Der Schlusssatz: “Bewirb dich jetzt und werde Teil einer Legende, wirf deine Anker aus. Eine einzigartige Chance, die du nicht verpassen darfst,“ und die hohe Anzahl der Antworten sprechen Bände. Hier trifft Wangerooge auf die Sehnsucht des Menschen nach Mehr. Wie es wohl wäre auf so einer kleinen, ja wunderschönen Insel zu arbeiten und zu leben, wo die Strände in den Wintermonaten menschenleer, man kilometerlang am Strand entlang spazieren kann, vom Sandwind verweht und durchgepustet wird, aber sich auch ganz schnell bei einer Tasse Ostfriesentee - natürlich mit Sahnewölkchen - aufwärmen und mit den Menschen ins Gespräch kommen kann.
Wer das Meer liebt, weiß um diese unglaubliche Weite, um das Gefühl der Freiheit. So erlebe ich diese kleine Insel. Vielleicht ist es genau das, wonach sich die Menschen sehnen, nach der Weite, nach dem Wert der Freiheit, nach dem Mut etwas im Leben zum Guten verwandeln zu können, nach der Ebbezeit die eigenen Flutbilder zu betrachten, daraus Neues zu schöpfen bevor die Flut einen wieder überrollt, Aufbruch und Perspektivwechsel zu wagen oder auch einen Traum zu leben. Etwas grünt in uns bevor es blüht und gleichsam der Natur im beginnenden Frühling braucht es jedoch den Impuls, um tatsächlich aufzublühen.
In einem bekannten Song von AnnenMayKantereit heißt es in einer Songzeile: „Drei Tage am Meer ohne alle andern und ich weiß wieder, wer ich bin“. Das verstehe ich gut. Der Wind, die salzige Luft, der erste Tanz der Wildgänse, der Ruf der Kraniche, das Wiegenlied des Meeres zwischen wohin und woher, barfuß laufen im winterkalten Sand, Wasser, das lebendig macht und schließlich dahinführt, sich selbst wieder zu spüren. Und es scheint, als riefe der alte Leuchtturm uns aufmunternd zu die 160 Lebensstufen auf die eigene Plattform des Lebensleuchtturms zu nehmen und endlich in die verloren geglaubte Weite zu schauen. Die Freiheit diesen Traum zu gestalten, kann uns keiner nehmen. Wir selbst sind doch in der Lage uns zu weiten und Freiraum zu schaffen für die heilende Bewegung, nach der wir uns sehnen.
Zwischen der Wehmut und der Sehnsucht den eigenen Freiraum zu entdecken, ist ein Ort der Gottesbegegnung für mich, in und mit ihm das eigene Selbst zu entfalten, und zwar jetzt. Denn Gott ist immer konkret - der Gott von gestern eine Erinnerung und der Gott von morgen, ein Versprechen (Gen 3,14 f.). Diese Zusage erleichtert mich, lässt mich vertrauen, während ich auf das Meer schaue, die Sonne langsam untergeht und den Strand in ein besonderes Abendlicht taucht.
Der alte Leuchtturm grüßt mich in der Ferne. Doch es braucht nicht immer eine weite Reise ans Meer. Auch Sie tragen das Bild eines Leuchtturmes in sich.
Was schenkt Ihnen Weite und Perspektive? Hören Sie auf ihr Herz, wenn es fragt:“ Was willst Du, dass ich Dir tu? (Mk 10,51). Nehmen Sie Ihre Stufen, steigen Sie hoch und schauen Sie in die Weite, wo auch immer sie sein mag. Es ist Ihre!
Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen März und ein gesegnetes Osterfest.
Seien Sie behütet in allem, was ist.
Ihre und Eure Ute Trimpert, Gemeindereferentin
Für das Pastoral- und Seelsorgeteam im Sendungsraum Alfter- Bornheim